Durch Beziehung in ein sicheres Milieu

Wertschätzung als Grundlage für eine erfolgreiche professionelle Beziehung

In Kliniken, insbesondere im psychiatrischen und therapeutischen Bereich, stellt die Gestaltung des Milieus einen zentralen Aspekt der therapeutischen Arbeit dar. Sie beeinflusst maßgeblich die Beziehung zwischen Patient*innen und Betreuenden sowie die Prävention von Gewalt und Aggression. Der Einsatz von Empathie, Wertschätzung, Augenhöhe und Authentizität ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Durch einfache Gesten, wie beispielsweise einen freundlichen Händedruck oder einen aufmerksamen Blick, wird der/dem Patient*in die Botschaft vermittelt: „Sie sind wertvoll. Ich bin für Sie da.“ Dies bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Therapie, da es das Gefühl der/des Patient*in stärkt, verstanden zu werden und sich in einem angemessenen Umfeld zu befinden.

Einflussfaktoren

Die Milieugestaltung beginnt bereits bei der ersten Begegnung und setzt sich durch die gesamte Behandlung fort. Eine ehrliche, interessierte Ansprache in einer vertrauensvollen Atmosphäre kann die Bindung zwischen Patient*in und Betreuungsperson erheblich stärken. Eine Beziehung, die durch Wertschätzung und Vertrauen gekennzeichnet ist, hat das Potenzial, das Auftreten von Gewalt und Aggression zu vermindern.

Aus der Literatur gehen neun wesentliche Merkmale hervor, welche für eine wirkungsvolle, therapeutische Beziehung entscheidend sind:

  • Verständnis und Empathie vermitteln,
  • Individualität akzeptieren,
  • Unterstützung anbieten,
  • zur Verfügung stehen,
  • aufrichtig sein,
  • Partizipation fördern,
  • Respekt zeigen,
  • klare Grenzen setzen
  • und Selbstbewusstsein demonstrieren.

Sicherheit und Wohlbefinden

Die Schaffung eines sicheren Milieus, das sowohl physische als auch emotionale Sicherheit gewährleistet, ist fundamental für das Wohlbefinden der Patient*innen. Faktoren wie fehlende Privatsphäre, überfüllte Räumlichkeiten, unzureichende Rückzugsmöglichkeiten und ständige Überwachung können negative Auswirkungen auf die Beziehungsgestaltung haben. Diese Bedingungen fördernd unter Umständen Frustration und erhöhen das Aggressionspotenzial. Ziel ist es, diese Risiken frühzeitig zu erkennen und möglichst zu reduzieren bzw. einzudämmen.

Um dahingehend wirksam sein zu können, braucht es unter anderem eine gute Selbstwahrnehmung und Selbstregulierung der Betreuungspersonen. Echtheit, Ehrlichkeit und Authentizität stehen hierbei an oberster Stelle.

Konfliktvermeidung durch Safewards

bunte Zettel

Konflikte auf psychiatrischen Stationen stellen eine erhebliche Herausforderung dar. Die Implementierung von Konzepten, die Konflikte reduzieren oder verhindern, wird daher empfohlen.

Ein Beispiel hierfür ist das Safewards-Modell, das evidenzbasiert auf die frühzeitige Erkennung und Deeskalation von Konfliktsituationen abzielt. Die erfolgreiche Einführung eines solchen Modells erfordert jedoch einen umfassenden Veränderungsprozess innerhalb der Institution, der durch Schulung und kontinuierliche Unterstützung begleitet werden muss.

Räumliche und zwischenmenschliche Faktoren

Neben den zwischenmenschlichen Umgangsformen und dem individuell zugeschnittenen Therapieangebot spielen räumliche Umgebungsfaktoren eine wesentliche Rolle. Die Gestaltung der Räume sollte die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen berücksichtigen, da diese andere Anforderungen an ihre Umgebung stellen als die Allgemeinbevölkerung. Studien zeigen, dass ein positives Raumklima das emotionale Wohlbefinden der Patient*innen steigern und aggressives Verhalten reduzieren kann. Die räumliche und zwischenmenschliche Gestaltung sollte stets an den individuellen Bedürfnissen der Patient*innen ausgerichtet sein, um ein optimales Therapieumfeld zu gewährleisten.

Die Milieugestaltung in stationären Einrichtungen ist ein wesentlicher Bestandteil der therapeutischen Arbeit mit weitreichenden Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Patient*innen und Betreuenden sowie auf die Prävention von Gewalt und Aggression. Durch die Schaffung eines sicheren, wertschätzenden und empathischen Umfelds und die Implementierung evidenzbasierter Modelle wie Safewards kann das Risiko von Konflikten minimiert und die Behandlungsqualität verbessert werden.

Um es mit Bruno Bettelheim zu sagen:

„Ich gehe von dem Standpunkt aus, dass die meisten Menschen das möchten, was ich selbst auch möchte. Weil meine Standards für Wohnen, Essen und körperlichen Komfort ziemlich hoch sind, muss ich annehmen, dass der Kranke noch viel mehr davon braucht und nicht weniger. Denn ich bin ja gesund, und ich kann durch meine Aktivitäten in der Gesellschaft viel kompensieren.“

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