Neurobiologie und Aggression

Ein kurzer Abriss

Das Phänomen der Aggression aus neurowissenschaftlicher Sicht

Der neurowissenschaftliche Blickwinkel von Prof. Dr. Joachim Bauer beleuchtet das
Phänomen der Aggression aus Sicht der Gene und der Neurotransmittersysteme,
basierend auf sozialen Lernerfahrungen des Menschen.
Joachim Bauer forscht und schreibt als Neurowissenschaftler, Internist, Psychiater und Psychotherapeut und hat als Basis einen proaktiven, positiven Grundzugang! Den gilt es in die Arbeit mit Mitmenschen zu integrieren, um in der menschlichen Grundhaltung sichtbar zu werden, wie er in seinem Buch „Das Glück in der Hirnforschung. Glücksquelle Mitmensch: Eine neurowissenschaftliche Perspektive.“ schreibt.

 Spiegelneurone – bestimmt schon einmal gehört…

Da die Genschaltung, also die Aktivität der Neurotransmittersysteme, wo quasi Psychologie in Biologie umgewandelt wird, beeinflussbar ist, liegt es auf der Hand, darauf den Fokus zu legen. Geht man so wie J. Bauer davon aus, dass die Gesamtheit der sozialen Erfahrungen (wie z.B. auch auf einer Kinder- und Jugendpsychiatrie oder ähnlichen Station) vom Gehirn im limbischen System geprüft, evaluiert und in biologische Reaktionen übersetzt wird, so wird deutlich, dass es eine klare Relevanz für z.B. mein Verhalten als Pflegeperson gibt.

Je nachdem wie ich als Profi reagiere, Wissen darüber habe und dies einzusetzen weiß, kann ich mein Gegenüber (die Patient*innengruppe) beeinflussen, sie frusten oder stärken. Hierbei sei auch an das neuronale System der Spiegelneuronen gedacht!

Der Nutzen qualitativ hochwertiger zwischenmenschlicher Zuwendung

Da der Ansatz von Dr. Bauer meines Wissens generell unterrepräsentativ ist, ihn viele nicht kennen, entsteht hier eine neue Möglichkeit im direkten praktischen Arbeitsumfeld für die handelnden Professionist*innen aufklärerisch wirksam zu werden.

Der bekannte Vorwurf und Kritikpunkt im Alltagsjargon „dem Patienten g’fällts jo bei uns, des is ned guad…“ oder „wenns eana (den Patienten*innen) so gfoit bei uns, mögens nimma ham gehn…“ ist psychiatrieweit bekannt.
Übersetzt man dies in das neuronale Motivationssystem, so zeigt sich, dass eine qualitative hochwertige zwischenmenschliche Zuwendung und soziale Unterstützung – wie es eben professionelle Betreuungspersonen bieten können und sollen – die psychische und physische Vitalität, Glück und Lebensfreude stärken können.

Daher spricht alles dafür, den gesundheitlichen Output zu erhöhen, was im Übrigen gesetzlicher Auftrag sowie menschliche Verpflichtung im Gesundheitsbereich ist. Als Querverweis kann hier der ICN-Pflegeethikkodex (International Council of Nurses (ICN)) genannt werden (M5-ICN-Ethikkodex-DBfK.pdf), den auch der ÖGKV unterstützt.

Trauma und psychische Erkrankung

Es ist anzunehmen, dass der Großteil der stationär aufgenommenen Kinder und
Jugendlichen oder psychisch erkrankten Erwachsenen diverse Traumata, soziale Vernachlässigung bzw. ungesunde Bedingungen aufweisen. Ergo ist das Verhalten der professionellen Betreuenden darauf anzulegen, dies durch zwischenmenschliche, soziale Erfahrungen ein Stück weit ins Bessere zu verändern.

Einflüsse auf das neuronale System

Joachim Bauer nennt dies Stimuli von außen, die – wie vorher beschrieben – direkten Einfluss auf das neuronale System haben. Am Beispiel des Oxytocin-Systems ist erkennbar wie biologische Stressreaktionen (erhöhter Blutdruck etc.) gedämpft werden können und empathisch-kooperative Fähigkeiten stärker werden. Passiert dies, so kann die Wahrscheinlichkeit eines gesunden, positiven Effekts beim zu Betreuenden erhöht werden. Und das muss das Ziel sein, egal wie lange oder kurz der stationäre Aufenthalt dauert.

Positive Zuwendung aktiviert das Dopamin-System

Dies zeigt J. Bauer auch am Beispiel des Dopamin-Systems, wieder in Bezug auf  zwischenmenschliche Erfahrungen, sozialer Akzeptanz und Zugehörigkeitsgefühl. Einer der wichtigsten Erkenntnisse der Neurowissenschaften beruht darauf, dass positive menschliche Zuwendung und Akzeptanz das endogene Dopamin-System aktiviert und somit als wichtigster Botenstoff für Vitalität angeführt werden kann. Um die vitale Bedeutung zwischenmenschlicher Zuwendung transparent, versteh- und handhabbar zu machen und die Erkenntnisse des neuronalen Motivationssystems nach außen zu transportieren, sind meiner Meinung nach eine Aufklärung darüber, ein gezielter Infofluss, verständliche Erklärungen und laufende Inputs nötig. Erst wenn theoretisches Wissen verstehbar gemacht wird und die Praxisrelevanz klar ist, kann der Inhalt auch seine positive Wirkung entfalten. Dann wird auch der Großteil der Kolleg*innen mittun und dies unterstützen.

Theorie-Praxis-Transfer

Hier spiegelt sich der Theorie-Praxis-Transfer wider, der in den letzten Jahren in der Krankenpflegeausbildung forciert wurde; im Umkehrschluss gilt dies für die Pflegekräfte auf den jeweiligen Stationen genauso.

Zur abschließenden Untermauerung der vorangegangenen Überlegungen sei auf die auf positive, soziale Beziehungen ausgerichtete Bauart des Gehirns mit seinen
Neurotransmittersystemen, die Prof. Bauer untersucht, nochmals hingewiesen. Die
Ergebnisse werden durch Metaanalysen wissenschaftlich bekräftigt.

Wer noch tiefer in die Materie eintauchen möchte, wird im Buch „Schmerzgrenze: Vom Ursprung alltäglicher und globaler Gewalt“ von Prof. Dr. Joachim Bauer fündig.

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