Positive Kommunikation am Arbeitsplatz – wofür?
Autor: Richard Metz
Warum positive Kommunikationsformen erlernen? Was bringt mir das? Ist das nur am Arbeitsplatz wichtig?
Im Weltbericht Gewalt und Gesundheit der WHO aus dem Jahr 2003 wird „die Verhütung von Gewalt als wichtiges Public-Health-Anliegen“ bezeichnet. Der Autor vertritt hier die Annahme, dass vielen Kolleg*innen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich dieses Anliegen nicht bewusst oder bekannt ist.
„Die Gewalt fordert ihren Preis an menschlichen Leid, belastet darüber hinaus die Volkswirtschaft erheblich“ (WHO-Weltbericht). Bezogen auf die Arbeitsplatzsituation entsteht der volkwirtschaftliche Schaden zum Beispiel durch hohe Mitarbeiter*innen-Fluktuation, Krankenstände, Kosten für Reha-Maßnahmen oder Frühpensionen. Zudem können sich aggressive Ereignisse emotional in unsere Erinnerung einprägen und posttraumatische Belastungsstörungen, Burn-out oder einen hohen Stresslevel bei Mitarbeiter*innen auslösen. Das Aufgeben des Berufes oder die innere Kündigung, also die Arbeitsleistung zu senken indem die/der Mitarbeiter*in die Eigeninitiative und Arbeitseinsatz reduziert, sind die Folgen. Deshalb liegt es auf der Hand, dass es lohnenswert ist, sich mit diesem Themenfeld auseinander zu setzen, da es ein großes und umfassendes Thema in unserer Gesellschaft darstellt.
Unterstützung durch das Management
Es wird davon ausgegangen, dass am Arbeitsplatz der Managementebene eine zentrale Rolle zukommt. Unterstützung durch Vorgesetzte, empathisches Zuhören nach einem Ereignis, ein authentisches Interesse von Vorgesetzten am Wohl der Mitarbeiter*innen, eine Kommunikation auf Augenhöhe stellen eine wichtige Primärprävention gegen Aggression und Gewalt dar.
Führungskräfte müssen Wissen zu Aggression und Gewalt verinnerlichen und eine deeskalierende, wertschätzende Kommunikationskultur auf Augenhöhe vorleben.
Das „Gesehen werden“, das „sich Wahrgenommen fühlen“ sowie Klarheit in der Kommunikation sind wichtige Bedürfnisse des Menschen, die Sicherheit vermitteln aber auch eine freudvolle, von Leichtigkeit geprägte Interaktion zur Folge haben können. Hier wird die Bedeutung von Verbalisieren und Paraphrasieren für die Schaffung von Klarheit in der Beziehung deutlich. Diese beiden Kommunikationsformen sind Ausdrucksformen von Empathie.
Emotionale Resonanz als verbindendes Element
Laut Weckert & Oboth (2017) wirkt „emotionale Resonanz auf andere stark verbindend und erzeugt Vertrauen und motiviert zur Zusammenarbeit“.
Wie belastet die Gefühlslage eines Menschen auch ist, durch authentische, vom Herzen kommende Anteilnahme (Resonanz) kann die Belastung reduziert und die zwischenmenschliche Beziehung, ein zusätzlicher Gewinn, verbessert werden. Gemeinsames Handeln, vor allem in schwierigen Situationen, kann Gruppen regelrecht „zusammenschweißen“ und eine starke emotionale Bindung bewirken.
Die Würde ist unantastbar…
Die Würde und Unversehrtheit des Menschen stellen eine Grenze dar, die nie überschritten werden darf und ein schützenswertes Gut ist. Der Respekt vor Grenzen, die Wahrung der Würde und Unversehrtheit des Gegenübers in der Kommunikation fördern das Belohnungssystem eines jeden Menschen und dadurch ist zu erwarten, dass bereichernde, das eigenen Belohnungssystem fördernde Antworten zurück auf den/die Sender*in wirken.
Dadurch könnte auch von einer „positiven Kommunikationsspirale“ gesprochen werden, die eine „reiche Ernte“ an Glücksbotenstoffen nach sich ziehen kann. Dieser Sachverhalt stellt ein Motivationsargument dar, um die positiven Kommunikationsformen zu verinnerlichen und anzuwenden.
Gewaltfreie Kommunikation (GFK)
Marshall Rosenberg sagt, dass die Differenz zwischen den Werten des jeweiligen Individuums und der tatsächlichen Lebensweise durch Gewaltlosigkeit überwunden werden könne. Er spricht auch von einem Lohn für diese Anstrengungen, der darin bestünde „der zu werden, der man wirklich ist.“ Hier wird abgeleitet, dass die GFK Authentizität oder eine Wiedervereinigung von zwei durch einen Graben getrennten Persönlichkeitsanteilen als Lohn zur Folge hat. Dies stellt ein zweites wichtiges Motivationsargument dar, um sich auf einen langjährigen Entwicklungsprozess einzulassen, der mit Mühen verbunden und unpopulär ist, aber auch Geduld mit sich selbst erfordert. Aber mit Fortdauer den Aufwand lohnt.
Wer sich der GFK oder einer positiven, menschenfreundlichen Kommunikationsform bedient, kann in sich Heilung verursachen, wird authentischer und durch die Ausschüttung von Glücksbotenstoffen im Gehirn belohnt.
Aktives Zuhören ist ein wichtiges Instrument, welches in die Kommunikationskompetenz der Führungskraft zu implementieren ist, damit sich bei Problemen, die zuvor zitierte heilende Wirkung entfalten kann und Problemlösungen im besten Fall wie von selbst entstehen können. Dadurch wird Bewusstseinserweiterung gefördert oder verursacht, wodurch sich auch das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung ausdrückt.
Empathie wirkt heilsam
Die Empathie ist ein mächtiges Instrument, da eine heilsame Wirkung von ihr ausgeht. Rosenberg betont auch die Selbstfürsorgeverantwortung jedes einzelnen sich selbst gegenüber durch Empathie. Die verurteilende Kommunikation mit sich und anderen ist über einen Entwicklungsprozess hin zu einem empathischen Kommunikationsprozess zu transformieren, wobei die GFK oder andere positive Kommunikationsformen das Handwerkszeug darstellen.
Demnach stellt die GFK ein Transformationsinstrument des Menschen dar und wegen der einhergehenden Bewusstseinserweiterung, der Entwicklung von Achtsamkeit und Empathie, kann auch von Evolution gesprochen werden oder auch Psychoillumination durch einen Erkenntnisprozess.
Das Streben nach Glück
Es ist die Pflicht eines jeden Menschen, sich selbst gegenüber aber auch den anderen Menschen gegenüber, nach Glück zu streben und die empathische Selbstfürsorge in das eigene Leben zu integrieren, zu verinnerlichen und zu leben.
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